Angriffe und strikte Ablehnung der Homöopathie sind nicht neu, sondern so alt wie die Homöopathie selbst. In den letzten Jahren häufen sich diese Angriffe jedoch und werden teilweise höchst polemisch geführt. Pars pro toto: Warum führen Edzard Ernst, Natalie Grams, Christian Lübbers oder Werner Bartens einen derart erbitterten Kampf gegen eine altbewährte Heilmethode wie die Homöopathie? Man fragt sich in diesem Zusammenhang: Warum diese Härte, diese Schärfe und Unduldsamkeit? Jeder Kriminalist würde fragen: “Cui bono?” – Wem nützt es? Die lapidare Antwort: der Pharmaindustrie. So auch unlängst im SWR II am 22.07.2024 um 16:30 Uhr, wo die Verfasserin und Sprecherin wirklich ohne die geringste Kenntnis der Grundlagen der Homöopathie und deren geistesgeschichtlichen Wurzeln einen üblen Verriss vorgelegt hat.
Der Verfasserin und Sprecherin des SWR II muss von meiner Seite – ein praktizierender Kinderarzt seit über 40 Jahren mit o. g. Weiterbildungsermächtigung und Träger der Hufeland-Medaille – heftig widersprochen werden.
Weiß sie denn, was sie da mit einer durchaus selbstbewussten, jugendlich frischen und eigentlich sympathischen Stimme von sich gibt?
Weiß sie denn, dass sich hierbei Fachärzte bemühen, über ihren Tellerrand zu blicken – hinaus aus der Froschaugenperspektive des eingeschränkten Positivismus?
Weiß sie denn, dass hierzu 6 Kurse à 40 Stunden verlangt werden sowie eine Supervisionsgruppe über 3 Jahre und eine Abschlussprüfung (Kurse mit klar gefasstem Curriculum)?
Weiß sie, was Samuel Hahnemann vor über 200 Jahren verfasst hat und was zeitlos gilt?
Kennt sie das “Organon” von Samuel Hahnemann oder doch wenigstens §153 – die Einführung der Individualität in die Medizin – oder §210 mit der Fokussierung der Geistes- und Gemütssymptome – also noch vor Victor von Weizsäcker die Einführung des Subjekts in die Medizin?
Kennt sie den sogenannten Umweltparagrafen 4 des “Organon” und und und…?
Ich lege der Autorin einige Sonderdrucke bei und verweise auf ausgezeichnete Artikel und Kasuistiken in unseren Zeitungen, z. B. in der AHZ Thieme Verlag und der Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren. Hier finden Sie wohldokumentierte Fälle aus der Praxis mit diagnosegelenkten Berichten sowie Spontanberichten. Arztbriefe der Schulmedizin, die dann in der Gesamtschau der Arzneimittelfindung hoch plausibel sind – auch wohldokumentierte Einzelfallstudien – haben eine hohe wissenschaftliche Aussagekraft, so Prof. Klaus Fiedler von der Uni HD und immerhin Leibniz-Preisträger!
Aber wer unbedingt die Goldstandarte der Statistik vor sich hertragen muss, sei auf die Arbeiten von Dr. H Kiene, Dr. H. J. Hamre sowie Prof. Dr. D. Martin verwiesen, die sehr wohl auch statistische Nachweise zur Wirkung der Homöopathie aufwiesen.
Wenn ich als Facharzt einen Patienten nach sorgfältiger Anamnese (!), unter Berücksichtigung der Geistes-, Körper- und Gemütssymptome (§210 “Organon”), seiner Individualsymptome (§153 “Organon”) sowie der Betrachtung der Verursachung bzw. des Auslösers der Erkrankung (u. a. Kälte, Ärger, Kummer, Wut, Enttäuschung, Angst) behandle und daraufhin unmittelbar eine Heilung einsetzt, so ist das evident: unmittelbar einsichtig, ersichtlich (lat. “evidens”). Hierzu gibt es eine unübersehbare Fülle von gut dokumentierten Kasuistiken. Aber selbst wenn die Homöopathie nur eine Placebotherapie wäre – Placebo beinhaltet u. a. ein tiefes Konzept: „Ich werde zum Dank dem Herrn gefallen in allen Teilen meines Lebens“ (Psalm 116, Vers 8) – oder es auch nur schöne Worte seien (“Logoi Kalloi” – Platon), die zur Heilung führen, selbst wenn es nur das wäre, so habe ich als verantwortlicher Facharzt – immer meine medizinische Ausbildung im Hintergrund – im Laufe meiner langjährigen Arbeit Tonnen von Antibiotika, Cortisone, Mukolytika und Psychopharmaka eingespart.
Das ist wirklich nicht wenig, wenn man bedenkt, dass in Amerika die dritthäufigste Todesursache die Medikamente der Ärzte sind (New England Journal of Medicine).
So schreibt Dr. med. Ingrid Pfanzelt, dass bald mehr Menschen an Antibiotikaresistenzen sterben werden als an Krebs. Bis 2050 könnten es zehn Millionen sein, derzeit sind es ca. 700.000. Folgen wir dieser Ärztin aus München:
Anmerkung 1: Hierzu ein ganz konkretes Beispiel aus meiner langjährigen Praxis
Resistenzen entwickeln sich aufgrund des allzu sorglosen Einsatzes von Antibiotika in der Humanmedizin und der Tierzucht. Alternativen müssen erforscht werden, und die Homöopathie kann eine solche sein. Wer schon einmal erlebt hat, dass ein Kind mehrmals an Scharlach erkrankte, obwohl es immer wieder mit Antibiotika behandelt wurde, und diese Streptokokken-Infektion nach einer homöopathischen Behandlung nicht mehr auftrat, wird genau das für möglich halten. Wenn es auch nur die geringste Möglichkeit gibt, durch Homöopathie Antibiotika einzusparen, sollte dies ohne Vorurteil und wissenschaftlich korrekt erforscht werden.
Nochmals zu dem Begriff der schönen Worte (s. o.): Auch diese sind immateriell und führen uns direkt zu den psychotherapeutischen Verfahren. Wenn Konflikte angesprochen werden, lebensgeschichtliche Verstrickungen gelöst und Delegationen erkannt werden, kann es zur unmittelbaren Heilung kommen: somit evident, ersichtlich, erfahrbar, auch wenn keine Doppelblindstudien möglich sind. Das lineare schulmedizinische Erkenntnismodell ist einfach… sagen wir es ruhig: simpel und muss unbedingt ergänzt werden. Die einseitige Ausrichtung auf nur chemische Arzneimittel, von der Pharmalobby gewollt, ist darüber hinaus höchst gefährlich, wie unübersehbare Nebenwirkungen es aufzeigen.
Ich bin heilfroh, eine effektive Homöopathie an meiner Seite zu wissen und, wenn ich an Grenzen komme, auch die Schulmedizin einsetzen zu können.
Nun, ich wünsche der jugendlichen Verfasserin der obigen Radiosendung, dass sie im Notfall die Heilkraft der Homöopathie an sich selbst erfahren kann und eine tiefere Einsicht in die schwierige Materie gewinnt. Auch wünsche ich, dass unsere heilsame Methode noch weitere Jahrhunderte tradiert wird. Der Hofprediger vom Stephansdom in Wien, Pater Veith, meinte schon vor über 100 Jahren, sie sei unsterblich – “Placet tibi, Domine” – es gefällt dir, Herr – (Psalm 116, Vers 8).
Nun, was wünsche ich den Delegierten in Baden-Württemberg, von denen immerhin ein Drittel für die Homöopathie gestimmt hat? Dass sie innehalten, reflektieren und Mut zur ehrlichen Evidenz haben – lat. “evidere” = unmittelbar einsichtig – und sich nicht durch Leitlinien einschränken lassen.
Wir Dozenten der Homöopathie legen in unseren Kursen viel Wert auf das Thema Möglichkeiten und Grenzen der Homöopathie und insbesondere auf das Erlernen der Anamneseerhebung. Die Homöopathie verlangt jedoch eine hochindividuelle Betrachtung, wie im “Organon der Heilkunst” beschrieben. Beispielsweise in §135, die Wertschätzung der Geistes- und Gemütssymptome in §210, die Gesamtheit der Symptome in §7 und die eigentliche Ursache der Krankheit: die Frage danach, was den Menschen “zum Fall gebracht” hat, was ihn “zum Fall werden lassen” hat. Schlussendlich: Was ist das für ein Mensch? Die Frage nach der Konstitution (Matthias Dorcsi) und was dieser Mensch für ein Heilmittel braucht (Hadulla Richter).
Anmerkung 2: Leserbrief zu einem hoch polemischen Interview von Edzard Ernst (Spiegel 2022)
Das Interview “Feinde der Aufklärung” von Edzard Ernst war nicht gut: Es zeigt eine Stimmung der Enttäuschung, Häme und geradezu Feindseligkeit gegen die Homöopathie und das gesamte englische Königshaus, besonders gegen König Charles III. Diese Enttäuschung mag in der Biografie von E. Ernst liegen, der schon damals in der Münchner Naturheilklinik Wien Schiffbruch erlitten hat, sowie in seinem universitären Scheitern in England, als Prinz Charles ihn in den vorzeitigen Ruhestand versetzte.
E. Ernst geriert sich nun als Opfer einer esoterisch-spirituellen homöopathischen Verschwörung. Doch umgekehrt wird “ein Schuh daraus”: Mächtig, ja übermächtig ist doch die pharmakologische-chemische Industrie. Als Kinderarzt, auch mit intensivmedizinischer Erfahrung, kann ich wirklich selbst so eine Opferliste erstellen: von Contergan (ein damals hochgerühmtes Schlafmittel) in den 50ern mit den schrecklichen Fehlbildungen, Röntgen-Kontrastmittel als Verursachung zahlreicher Krebserkrankungen, über die zunehmenden Antibiotika-Resistenzen (ca. 50.000 Sepsis-Tote jedes Jahr in Deutschland), sowie die Cortison-Langzeitnebenwirkungen bis hin zu den gravierenden Nebenwirkungen der Psychopharmaka, die teilweise “Zombie-Wesen” kreieren.
Auch das ewige ermüdende Repetieren mit Evidenz und Statistik kann ich nicht mehr hören: Wir Homöopathen haben seit nunmehr 200 Jahren gut dokumentierte Einzelfallstudien mit Namen und Diagnose, Arztbriefen und Laborbefunden, die eindeutig zeigen, dass gut gewählte Homöopathika heilen. Das ist eine Evidenz im lateinischen Sinne: evidere = unmittelbar einsichtig. Auch der Wissenschaftsbegriff von E. Ernst ist äußerst dürftig: Wissenschaft ist mehr als nur linear-kausales Denken, sondern umfassender: “Die Natur erklären wir, den Menschen verstehen wir.” Nicht nur der hochrangige Philosoph Gadamer hat sich sein Leben lang homöopathisch behandeln lassen, auch ein Atomphysiker findet den Weg in meine Praxis.
Krude wird E. Ernst, wenn er angibt, dass sich Samuel Hahnemann die Homöopathie ausgedacht hat. Nein, nein und nochmals nein. Samuel Hahnemann hat sie gefunden, in dem Jahrtausende alten Vorwissen der Griechen, Römer, Hebräer und Araber. Er kannte all diese Sprachen, hat dieses Wissen zusammengetragen und im ersten Apotheker-Lexikon, ganz im Sinne der Aufklärung, vereinigt. Apropos Aufklärung: “Sapere aude” von Kant stand über dem Gymnasium St. Afra als Leitspruch auch für Samuel Hahnemann. Dass dann Samuel Hahnemann mit seiner Homöopathie den Sprung vom grob Stofflichen ins geistig Informative gemacht hat, darüber setzt man sich seit über 200 Jahren auseinander.
Literaturverzeichnis
- Hadulla, M. M.; Pfeil, T. A.: Kinderzeichnungen in der Homöopathie. Haus-Baum-Mensch-Test und Tierfamilie als wertvolle Bereicherung bei der Findung der Gesamtheit der Symptome. ZKH, 2009.
- Hadulla, M. M.; Richter, O.: Anamnese, eine äußerst wichtige, aber vergessene Kunst. Zaenmagazin, 2023.
- Hadulla, M. M.; Richter, O.: Eltern, Kind, Neurose: Konfliktbewältigung in der Familie – Homöopathie und Psychotherapie. Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren, 2004.
- Hadulla, M. M.; Richter, O.: Tabacum und Vertigo (=Schwindelzustände) stärkster Ausprägung. Eine Odyssee zu „Aiolos“, dem Herrn der Winde. ZKH, 2018.
- Hadulla, M. M.: Mandragora. Koliken der Gallenblase und Kopfschmerzen. AHZ, 2021.
- Hadulla, M. M.: Stramonium in seiner Ambivalenz. Zwischen Gewalttätigkeit und religiöser Sehnsucht. AHZ, 2022.
- Hadulla, M. M: Die homöopathische Behandlung von Covid-19 unterstützt durch naturheilkundliche Maßnahmen. Zaenmagazin, 2023.
- Hadulla, M. M.: Carcinosinum und Medorrhinum bei der Behandlung von Schlafstörungen – Zwei Kasuistiken. AHZ, 2008.
- Meyer, C. B.: A Case in Case Study Methodology. Field Methods, Sage Publications, 2001.
- Hadulla, M. M.; Richter, O.; Fattahi, N.: 101 Kranken-Geschichten aus der Praxis dür die Praxis. ML Verlag, Uelzen 1999.
- Kiene, H.; Hamre, H. J.; Martin, D.: Auch die Homöopathie hat einen berechtigten Platz in der wissenschaftsbasierten Medizin. Ärzte Zeitung, 2024.
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