Zu obengenanntem Thema eine Begebenheit, die ich mit „Roß und Reiter“ nennen kann, da sie so in der Lokalpresse erschienen ist und ich den Vorgang persönlich verfolgen konnte:

Dr. Eckehard Lührmann war ein Con-Semester von uns in Gießen, besonders begabt, fleißig und interessiert, z.T. über das Maß seiner Kommilitonen hinaus, die dann Fachärzte oder sogar Professoren geworden sind. Außerdem zeichnete ihn eine hohe soziale Kompetenz aus, er war schon als Student ausgesprochen engagiert. Darüber hinaus war er einer der wenigen, die es damals wagten, sich als praktischer Arzt niederzulassen. Auch hier zeigte er die oben beschriebenen Eigenschaften. Er war fast rund um die Uhr für seine Patienten erreichbar, arbeitete ehrenamtlich für das Rote Kreuz, organisierte die Notrufzentrale, war in der Gemeinde tätig (sein Vater war Pfarrer) und leistete nächtliche Hausbesuche, selbst wenn die Fachärzte nicht mehr wollten oder einfach nicht mehr konnten.

Bedingt durch diese ständige Überforderung (Thema: „hilfloser Helfer“), beringt mit einem Mühlstein um den Hals von ständigen Verwaltungsarbeiten, belastet von kassenärztlichen Anfragen, Auflagen, Schreibkram, Bescheinigungen etc. ist dann unser Kollege einfach schwer krank geworden:

Hoher Blutdruck, Zustand nach Apoplex und 600 000 Euro Regressforderungen für Arzneimittel seiner Patienten! Man stelle sich vor, ein Feuerwehrmann müßte das Löschwasser aus eigener Tasche bezahlen: eine ungeheuer surreale Vorstellung. Aber von der kassenärztlichen Vereinigung so gefordert.

Vielleicht hat er nicht jedesmal nach den billigsten Analogmedikamenten gesucht, bedingt durch Überarbeitung – was ihn ehrt – oder weil er den Patienten ihre bewährten Medikamente nicht vorenthalten wollte – was ihn auch ehrt.

Wir sollten diejenigen von der kassenärztlichen Vereinigung, die ihn durch ihre Regulationswut, Paragraphenreiterei und Regressen in diese Situation gebracht haben, zivilrechtlich belangen.

In diesem Sinne grüße ich meinen Kollegen Eckehard Lührmann in aufrichtiger Bewunderung.
Allora ragazzi, die ihr Euch niederlassen wollt, cave – cavete – vielleicht pilgert Ihr zunächst nach Palermo: dort steht der Baum von Falcone, daran hängt ein Zettel mit der Aufschrift: Ora basta!

Dr. med. Michael Hadulla